Donnerstag, 24. März 2011

Irrungen und Wirrungen am Flughafen (Teil 2)

Nachdem ich erfolgreich eingecheckt habe gibt es nur noch 2 wichtige Dinge zu erledigen.
Dollar und Kondome kaufen.
Ich habe im Internet die Meldung gelesen dass das kenianische Visum, welches man bei Ankunft in Momasa ausgestellt bekommt 50 USD kosten würde und auch nur in Dollar bezahlt werden könne.
Also muss Mazungo noch tauschen.
Die angesagten Kurse im Frankfurter Flughafen an  den Wechselstuben sind brutal.
1, 29 USD für einen Euro, obwohl der offizielle Kurs bei über 1.40 Euro steht. Das möchte Mazungo nicht.
In den asiatischen Flughäfen stehen im Transit, also hinter der Passkontrolle, internationale Bankautomaten von denen man USD ziehen kann. Da Mazungo annimmt, dass dies im Frankfurter Flughafen auch so sei, ignoriere er alle Wechselstuben und begibt sich zur Passkontrolle und in den Transit.

Dort suche ich einen internationalen Geldautomaten, finde aber keinen. Mist. Vielleicht beim Gate.
Da ich ja keine Gate-Nummer auf meiner Boarding Karte habe frage ich einen Lufthansa Mitarbeiter.

Der guckt in seinen PC und sagt: Mombasa ist C13, also auf zum Gate  C13.
Ein langer langer Gang muss durchlaufen werden. Nachdem ich ein Stück unterwegs bin, bleibt so ein  Elektro Gefährt, Typ Golfwagen, in denen eigentlich nur Körperbehinderte und/oder adipöse Amerikaner zum Gate gefahren werden, neben mir stehen. Ein netter braunhäutiger Typ fragt mit breitem Lächeln ob ich mitkommen will. "Isch auch gratis" meint er und grinst verschwörerisch.
Klar fahre ich mit, war mir aber bisher nicht bewusst dass ich schon in der adipösen Zielgruppe gelandet bin.
Mein neuer Freund heisst Assam, kommt aus Eritrea und als ich sage, dass ich nach Kenia fliege freut er sich ungemein. Schwärmt von dem Land, den Leuten, den Tieren und vor allem von den schönen Frauen. Als ich Ihn frage ob er schon oft in Kenia war, sagt er : "leider noch nie", aber eines Tages....
Ich erkläre ihm mein Problem, dass ich Dollar benötige und ob es eventuell internationale Geldautomaten gäbe? Als wir fast am Gate sind, begegnet er einen Kollegen, der uns sagt, dass da, wo wir hergekommen seien, links neben dem Duty-Free Shop eine Sparkasse sei wo es auch einen Geldautomaten gäbe der Dollars herausgibt.
Ich bin erleichtert und der freundliche Assam fährt mich die elendig lange Strecke zum Duty Free auch wieder zurück. Wir verabschieden uns mit Handschlag. Ihn zu fotografieren sei leider nicht erlaubt. Weg ist er und ich bin wieder da wo ich hergekommen bin, suche Sparkasse, suche Geldautomat, frage Polizisten, Duty-Free Mitarbeiter und eine türkische Putzfrau. Ich kann jetzt mit 100% Gewissheit sagen dass es in diesem Transitbereich definitiv keinen Geldautomaten gibt. Auch keinen mit Euros.
Bleibt nur die einsame Wechselstube. Ein freundlicher junger Mann klärt mich auf, dass der Wechselkurs
1, 29 sei. EC-Karte sei auch okay. Ich gebe ihm meine EC-Karte die der Computer nicht annimmt. Nicht zulässig erscheint auf dem Display. Nein, nur deutsche EC-Karten werden von unser Bank angenommen klärt er mich auch. Und das in einem internationalen Flughafen. Den Namen der Bank kann ich nirgends sehen. Schweren Herzens gebe ich ihm meinen 50 Euro Schein. Nun kann ich mir keine Kondome mehr kaufen.
Er soll mir so viele Dollars geben wie möglich. Er murmelt Zahlen, tippt und tippt in sein Taschenrechner. Er scheint interessiert zu sein wo es hingeht. Wir halten small talk und reden über Kenia. Dort soll es so schöne Frauen geben meint er und legt mir die Dollars hin, habe schon lange vergessen was ich eigentlich von ihm kriegen müsste, stecke die Scheine ein und werfe die Quittung in den nächsten Mülleimer.
Meinen Freund Assam verpasse ich leider um ein paar Sekunden, er fährt soeben mit 3 fröhlichen Chinesen ohne Kontrabass zum Gate 13 wo ich jetzt hinlaufen darf. Die Strecke kenn ich ja jetzt.
Ich bin trotz Laufbänder fast fünfzehn Minuten unterwegs. Auf halber Strecke kommt mir Assam wieder entgegen, wir winken uns zu und ich gebe ihm die wichtige Mitteilung mit auf den Weg, dass es defintiv keinen Geldautomaten da unten gibt.
Endlich bin ich am Sicherheitscheck vor Gate 13

Dort ist viel los. Zirka 100 geduldige Asiaten stehen in der Reihe vor mir um von unfreundlichen Sicherheitsmitarbeitern strenge, karge Anweisungen  entgegenzunehmen. Notebooks aus den Taschen nehmen, die Jacken ausziehen, alles was man in den Taschen hat in die grauen Plastik-Kisten legen usw.
Keine Freundlichkeit, kein Lächeln. In asiatischen Flughäfen undenkbar.
Die Chinesin vor mir ist ganz eingeschüchtert, als mit einem strengen Fingerzeig auf Ihr Gürtel gezeigt wurde und ihr auf hessisch befohlen wurde: "deen Gürdel och ausziehn).
Obwohl ich nix metallisches mehr an mir trage schlägt die Sicherheitsschleuse Alarm.
Mit "das sind die Zahnimplantate, sind aus Titan" versuche ich den Körpercheck abzuwehren. Hilft aber nix. Schuhe müssen aber nicht mehr ausgezogen werden.
Ich gucke auf einen Monitor um meine Gate-Nummer zu verifizieren. Da steht jetzt C4! Mist, ich bin falsch, wurde schlecht beraten kann ich nur sagen.
Frage die Sicherheitsleute um Rat. Da müssen Sie durch diese Tür wieder raus, zu Gate 4 und nochmal durch den Sicherheitsscheck.
Mazungo bekommt schlechte Laune, verlässt den Sicherheitsbereich und läuft wieder mal einen elendig langen Flughafengang entlang.
Ab und zu fahren Flughafenmitarbeiter mit Fahrrädern vorbei. Sie klingen höflich.
Eine Mitfahrgelegenheit ergibt sich aber nicht.
Der Flur wird immer dunkler bevor er vor dem C4 Sicherheitsscheck endet. Hier wird noch nicht gearbeitet. Tür geschlossen, keiner da, alles ist ruhig und liegt im Halbdunkeln.
Eine Afrikanerin mittleren Alters sitzt auf der Stuhlreihe und summt. Ich gehe an Ihr vorbei und setze mich hinter eine Säule. Ein paar Plätze weiter sitzt ein ungemein dicker Mann, dessen Bauch überlappend bis zu seinen Knien reicht. Er liest ein Buch und hat es sich bequem gemacht. Ich traue meinen Augen nicht als ich sehe, dass er keine Schuhe sondern Pantoffeln anhat. Er hat auch kein Gepäck.
Wahrscheinlich ist er kein Passagier, vielleicht ist er obdachlos oder er braucht einfach nur einen ruhigen Bereich wo ihn keiner hänselt und er in Ruhe lesen kann.
Da ist er hier richtig. Mazungo schaut auf die Uhr. Es ist 17 Uhr. Der Flug geht erst in 3 Stunden.
Ich schaue in mein Geldbeutel. Nur noch Kleingeld. 2,80 Euro um genau zu sein.
Ich zähle die Dollars. Zähle die Dollars nochmals. Es sind 57 USD.
Der Typ in der Wechselstube hat mir tatsächlich nur 57 Dollar für 50 Euro gegeben.
Wahrscheinlich hat er noch eine "Bearbeitungsgebühr" abgezogen. Mazungo ist wütend und hat keinen Bock mehr, ist müde, durstig und will nicht ohne Kondome nach Afrika fliegen.
Meine Schwester hatte mir zum Abschied den dringenden Rat  mitgegeben unbedingt Kondome mitzunehmen "weil es die in Afrika nur in "XXL" geben würde" und ich damit aussähen würde wie ein Elefantenrüssel mit Plastikstiefel" Ts.ts. ts. So sei es dann eben.

Ich döse und lese dann ein bisschen in meinem Lonely-Planet. Hinter der Säule sehe ich den Fuss der Afrikanerin ruhig hin und her wippen. Sie summt eine afrikanische Melody die mir gefällt. Mehr als den wippenden Fuss der in einem elegantem schwarzen Damenschuh steckt kann ich leider nicht von Ihr sehen.

Der Dicke keucht lesend vor sich hin. Seine Pantoffeln hat er ausgezogen. Mir ist langweilig, der Flur liegt noch immer im Halbdunkeln, es ist ruhig und man hört jeden Laut. Ich würde die Afrikanerin gerne fragen was das für eine Melody sie summt, lasse es dann aber weil ich sie nicht stören will.
Irgendwann taucht eine Asiatin auf und setzt sich ein paar Plätze neben mich. Sie fragt in schlechtem Englisch ob hier der Flieger nach Jamaika geht.
"This is Gate 4"?
"Yes, but the next flight will be to Africa", sage ich.
"Where are you from"?  frage ich die Asiatin und sie zeigt mir einen Jamaikanischen Pass. Ich frage Sie ungläubig ob Sie Jamaikanerin sei? "No, from North-Korea" sagt sie. Mazung ist leicht verwirrt.
Dann zeigt sie mir  Ihren Ticketausdruck. Montego Bay, 23. März, 14 Uhr 50.
Ich erschrecke zuerst weil ich denke dass ICH einen Tag zu spät dran bin. Heute ist doch der 22.März, oder?, frage ich den Dicken, aber der Pantoffelheld hat es nicht nötig zu anworten. Vielleicht weiss er auch nicht wie lange er sich schon zeitlos in dieser Twilightzone aufhält. Ich zeige der Asiatin meinen Reisewecker, der 22.März anzeigt.
Jetzt erschrickt sie und es dämmert ihr, dass sie eine Tag zu früh am Airport ist. Sehr merkwürdig. Wie um himmelswillen hat sie eine Boardingkarte gekriegt, wie durch die Passkontrolle gekommen, ist ein einchecken einen Tag vor dem Flug überhaupt möglich?
Sie steht auf, lächelt zum Abschied und entschwindet. Sie hat noch 21 Stunden im Frankfurter Flughafen vor sich. Möge die Zeit schnell vorübergehen.

Nach und nach trudeln immer mehr Passagiere ein. Dass sie nach Afrika wollen ist nicht schwer zu erraten. Safari-Look ist angesagt. Ein junges Pärchen kommt Hand in Hand. Er hat sich an Indiana Jones orientiert, sie an Laura Croft. Das Buschmesser und die Peitsche wurden ihnen wohl am Eingang abgenommen. Möglich auch, dass die beiden vom letzten Karnevalsumzug übriggeblieben sind und nur zurück nach Düsseldorf wollen.
Die ältere Generation, Typ rüstiger Rentner, ebenfalls gerne in Khaki, scheinen zu oft diesen Hardy Krüger Film gesehen zu haben ( Hatari!). Den Vogel schiesst aber Mr. Kugelbauch ab, fortan von mir Homer Simpson genannt. Er kommt seinen Trolley ziehend angekeucht, schaut sich um, und obwohl es viele leere Sitzreihen gibt, setzt er sich neben die Afrikanerin, die nun neben Kugelbauch und Säule eingeklemmt ist und vor Schreck augenblicklich aufhört zu summen.
Er labert sie augenblicklich auf deutsch an, Ihr ist jeder Fluchtweg abgeschnitten.
Ungefragt erzählt er sein Leben, dass er am Kilimandjaro lebe, nicht so heiss da, von den Schönheiten der Natur und den schönen Frauen. Er ist ein Laut-Redner, und es ist leider unmöglich ihn überhören zu können. Die Antworten der Afrikanerin sind leise und schüchtern, ich kann sie nicht verstehen, aber Ihr Fuss wippt schneller und schneller.
Die gute Frau ist gestresst und sie tut mir leid. "Ja", sagte Mr. Kugelbauch, "ich habe eine Frau, die ist 25 Jahre alt und ich bin 75"! Als ich 55 war war meine Frau ebenfalls 25...(bedeutungsschwere Pause)...wie habe ich das wohl gemacht ? (bedeutungsschwere Pause).
Dann gab er selbst die Antwort die keiner hören will: "Ich habe sie ausgetauscht als sie mir zu alt wurde". Schmutziges Lachen beendete seine Anekdote. Das Aufgestöhne seiner unfreiwilligen Zuhörer scheint er nicht wahrzunehmen.
Endlich kommen die Sicherheitsleute der Fraport und die Glastür öffnet sich. Passagiere sollen sich noch ein wenig gedulden bitte. Nur der dicke Pantoffelheld steht keuchend auf, jetzt erst sehe ich, dass er ein Badge trägt und er darf ungehindert in den Sicherheitsbereich eintreten.
Der wird ja wohl nicht als Security arbeiten?
Dann endlich dürfen wir Pasagiere durchleuchtet werden, diesmal keinen Alarm und alles geht schnell, freundlich und reibungslos.
In der kleinen Abflugwartehalle gibt es einen kleinen Kiosk. Hinter der Kasse thront Pantoffelheld. Das Rätsel ist gelöst. Das ist stimmig, hier gehört er hin. Seine Pantffeln stehen ordentlich aufgereiht neben der Kasse auf dem Boden. Ich habe Durst und will eine Dose Cola kaufen. 2,60 Euro plus 25 cent für den Pfand. 
Mir fehlen 5 cent und frage Pantoffelheld ob er kurz auf die 5 cent verzichten könne. Ich würde ihm die leere Dose gleich wiedergeben. Er antwortet nicht mal und zeigt stumm auf die "Capri-Sonne". 90 cent steht da. Ich überlege ob ich 2 Capri-Sonnen kaufen soll um sie ihm um die Ohren zu hauen.
Ich kaufe nichts, eine Stunde später wird der Flug aufgerufen. Mazungo steigt durstig in den Flieger.




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